In der Überbauung Tscharnergut, der Berner Hochhaus-Pioniersiedlung aus den 1950er und 1960er Jahren, soll eine sanierungsbedürftige Überdeckung einer wichtigen Fussverbindung ersetzt werden. W2H gewinnen den eingeladenen Studienauftrag mit einem Vorschlag, welcher verspielt und leicht die Verbindung überdeckt und dabei die Funktionen Licht, Statik und Entwässerung bewusst miteinander verwischt und auflöst.

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Die Wohnüberbauung Tscharnergut ist als zusammenhängende Stadtstruktur in den sechziger Jahren entworfen und gebaut worden. Sie ist an allen Siedlungsrändern an den Individualverkehr sowie im Norden und Süden an das Netz von Bernmobil angeschlossen. Die Verteilung der Fussgänger erfolgt zwischen den Hochbauten orthogonal auf den Mittelweg.

Dem Dorfplatz am Ostende angegliedert sind öffentliche Nutzungen wie die Quartierbeiz und ein Ladenzentrum. Die eingeschossigen Gebäude definieren den Dorfplatz und lassen einen weiteren Durchgang auf den Platz entstehen. Der Zwischenraum ist Verbindungskorridor von ausserhalb der Siedlung auf den Dorfplatz, dient aber auch als Vorzone für Eingänge in gemeinschaftliche Nutzungen.

Die strenge Struktur der Umgebung wird mit einer lockeren und scheinbar freien Anordnung von vertikalen Elementen gebrochen. Die sich an der glatten Decke spiegelnden farbigen Stützen suggerieren eine vertikale Erhöhung der Überdeckung. Statik, Beleuchtung sowie Entwässerung sind in diesen Elementen untergebracht, sind aber äusserlich nicht voneinander zu unterscheiden. Die glatte, dünne Überdeckung ist wie ein Tischblatt über die Stützen gelegt. Die Tragstruktur ist dabei nicht erkennbar. Die Decke ist von den bestehenden Wänden gelöst. Über die offene Fuge gelangt natürliches Tageslicht entlang den Wänden auf den Korridorboden.

Dieses Lichtband begleitet den Fussgänger unter dem schützenden Dach. An den Enden des Korridors laufen die Stützen frei aus. Sie übernehmen dabei Signalwirkung für den Korridor. Die Stelen auf dem Dorfplatz führen den Fussgänger vorbei am Glockenturm, welcher als starkes vertikales Element den Dorfplatz prägt. Von der Waldmannstrasse wird man durch die farbigen und leuchtenden Bauteile zum Durchgang und zum Dorfplatz geführt. Während der Nacht reflektiert das Licht der Leuchtstelen in der glänzenden Untersicht der Decke.

Das Skelett der neuen Überdeckung ist eine biegesteife Stahlkonstruktion. In der Werkstatt vorfabrizierte Elemente werden vor Ort nur noch versetzt und untereinander verbunden. Diese Verbindung ergibt die endgültige Festigkeit des Primärsystems. Als Untersicht des Korridors wird eine grossformatige, weiss einbrennlackierte Aluminiumstegplatte verwendet, welche von oben befestigt wird. Das Blechdach wird in Längsrichtung in die bestehenden Dachwasseranschlüsse entwässert.

Publikation des Projektes im Hochparterre 11/2007

Eckdaten
– Fertigstellung: 2006
– Auftraggeber: Tscharnergut Immobilien AG

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Fotos: Manu Friederich